2025-09-05

Thomas Müller -Wenn Bilder zu Gebeten werden

20230910_095823.jpgEin Künstler zwischen Himmel und Erde
Wenn er malt, dann geschieht es nicht einfach so – es ist ein Ruf, ein Drängen, ein Moment, in dem alles andere verstummt. Seine Werke entstehen nicht aus spontaner Laune, sondern aus einer stillen, intensiven Vorbereitungszeit. Spaziergänge mit dem Hund, Meditation, das innere Ringen mit Gott – all das verdichtet sich in einem Augenblick der Klarheit, in dem Pinsel oder Stift wie von selbst zu tanzen beginnen. Seine Kunst ist keine bloße Ästhetik, sie ist Ausdruck eines tiefen Glaubens und einer persönlichen Begegnung mit dem Göttlichen. Er malt mit Buntstiften – einem Medium, das in der Kunstwelt oft unterschätzt wird – und erhebt es zu einer Sprache, die das Unsichtbare sichtbar macht. Seine Bilder sind stille Missionare, die sich an die Seele des Betrachters schmiegen und Antworten auf die großen Fragen des Lebens geben. Zwischen Verletzlichkeit und Stärke, Kontemplation und Kreativität entsteht so eine Kunst, die tröstet, herausfordert und inspiriert – eine Kunst, die man nicht einfach betrachtet, sondern erlebt.

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Was bewegt dich innerlich, wenn du malst? Gibt es besondere Momente, die
dir Kraft oder Trost schenken?

Meinen Bildern geht in der Regel eine etwa zweiwöchige Vorlauf-Phase voraus.
Ich mache viele Bilder in der Natur mit Gott aus, auf Spaziergängen mit meinem
Hund, oder in einer Meditation. Da taucht irgendein Begriff oder irgendein
Thema auf, anfangs recht nebulös. Ich werde dann mehr und mehr unruhig,
wenn ich das Bild gedanklich nicht richtig zu fassen bekomme. Und dann,
urplötzlich, weiß ich, dass der richtige Moment da ist. Das kann dann mitten am
Tag sein und irgendwer erwartet vielleicht, dass ich eigentlich was ganz anderes
machen sollte. Aber ich muss dann einfach malen. Und in dieser Aktion gibt es
nichts mehr um mich herum. Ich gehe völlig auf in dieser Malerei, bin extrem
fokussiert auf das, was da entstehen will. Es gibt da nur mich und das Bild. Die
Achtsamkeit, die ich auf den Spaziergängen bereits gespürt hatte, bricht sich
jetzt Bahn. Ich bin zu einhundert Prozent im Hier und Jetzt, und werde eins mit
dem Werk, das gerade entsteht. Es ist entfesselte Kreativität.

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Gab es in deinem Leben einen Wendepunkt, an dem die Kunst für dich mehr
wurde als nur ein Hobby?

Der „Wendepunkt“ war eigentlich vorher. Ich gehe jedes Jahr Anfang Dezember
in eine „stille Woche“, eine Woche der Meditation bzw. Kontemplation. Ich kam
2022 nach einem sehr aufwühlenden und sehr schwierigen Jahr dort an, war
gestresst, und sollte eigentlich runterfahren. In der ersten Meditation ging dann
alles schief. Es war zu laut in dieser Stille, ich hatte hundert Bilder im Kopf,
bekam keine Ruhe in mir drin und war überdies zu müde. Dann folgte ein
Einzelgespräch bei der Meditationsleiterin. Auf einmal brach alles aus mir
heraus, was mich belastete. Die Meditationslehrerin riet mir, mich so wie ich war,
Gott gegenüber hinzugeben all das Belastende einfach bei ihm abzuladen. Ich
ging auf mein Zimmer, heulte immer noch, schnappte mir einen Block und 10
Buntstifte und begann ein Bild zu malen.
Das Bild, das ich malte, sollte sich auf ganz wunderbare Weise in der nächsten
Meditationseinheit realisieren. Es war irgendwie magisch. Und dann entstand
ein zweites Bild, dann ein drittes. Noch ahnte ich nicht, was da passiert war.
Rückblickend kann ich sagen, dass ich förmlich geflutet wurde und dass seit
diesem Gespräch die Malerei zu einem der wichtigsten Beschäftigungen meines
Lebens wurde.
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Welches deiner Bilder erzählt am besten deine eigene Geschichte oder
deine Gefühle?

Es gibt da eigentlich zwei Bilder. Das erste ist das gerade beschriebene
„Erstlingswerk“.
Ich bin da, verstört, erschöpft, kraftlos. Und plötzlich ist da ein Engel hinter mir,
der mir die Hände auf die Schultern legt und mich zu einer unglaublich starken
Lichtquelle dreht. Das war die Erfahrung aus der beschriebenen zweiten
Meditationseinheit in der besagten Woche. Heute würde ich dieses Bild ganz
anders malen, und da merke ich, was sich inzwischen auch vom Künstlerischen
her in mir getan hat, aber egal: Es war ein lebensveränderndes Bild für mich.
Das zweite Bild ist auch eines meiner ersten Werke, auch noch nicht überaus gut
gemalt, aber trotz allem für mich bedeutsam. Wie schon erwähnt, meditiere ich.
Es ist mein Gespräch mit Gott. Es ist eine 1:1-Begegnung mit meinem Schöpfer,
in einem heiligen Raum. Dazu gibt es eine Geschichte in der Bibel, die vom
brennenden Dornbusch. Und das war der Ausgangspunkt für ein Bild, das
großartig zeigt, was Meditation bedeutet. Ich sitze wie in einer Schneekugel in
einer inneren Welt, in einem geschützten Raum. Stürme von außen erreichen
mich nicht. Und ich bin auf Augenhöhe mit Gott. Der zeigt sich mir symbolisch
als brennender Dornbusch. Es ist ein intimes Gespräch zwischen mir und ihm.
Das Bild vom brennenden Dornbusch in der Schneekugel ist das Bild für ein
ganz zentrales Thema meines Lebens.

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Wie fühlst du dich, wenn du ein Bild fertigstellst? Ist das für dich ein
Abschluss oder ein neuer Anfang?

Es ist ein unglaublich gutes Gefühl, so ein Baby in die Welt gebracht zu haben.
Ich muss ein Bild gleich nach Fertigstellung fotografieren und allen zeigen. Eine
Spannung ist verflogen und einer Leichtigkeit gewichen. Es schwingt für mich
auch eine gehörige Portion Stolz mit dabei, etwas Einzigartiges und zumindest
für mich Großartiges geschaffen zu haben. Und fürs Erste ist der Drang, wieder
etwas Neues malen zu wollen, verflogen. Es ist daher ein Abschluss. Ein Prozess,
der vor Wochen auf Spaziergängen begonnen hat, ist zu einem guten Ende
gekommen.
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Was möchtest du mit deiner Kunst den Menschen mitgeben, was sie
vielleicht sonst nicht hören oder sehen?

Das Credo meiner Bilder und meiner Malerei lautet: „Du bist ein Gott, der mich
sieht“. Ob wir an Gott glauben oder nicht, wir wünschen uns eine höhere
Existenz, viele sprechen manchmal auch vom „Universum“, das bzw. die uns
kennt und für uns sorgt. Wir wünschen uns einen Schutzengel, dem wir
vertrauen können. Gibt es diesen? Meine Bilder geben darauf eine eindeutige
Antwort. Meine Bilder sind somit stille Missionare. Sie schmiegen sich
blitzschnell an die eigene Seele an und finden ihren Weg ins Unterbewusstsein.
Sie zeigen einen Gott, der uns die Hand reicht und uns einlädt, sie zu ergreifen.
Es sind Botschaften, die nicht zu aufdringlich daherkommen sollen. Ich will keine
kitschigen Jesus-Bildchen malen. Ich möchte christliche Malerei auf einem
künstlerischen Niveau präsentieren, das man sich an die Wand hängen kann,
auch wenn man jetzt nicht zu gläubig ist. Aber ja, ich will Menschen den Glauben
schmackhaft machen, über das Mittel der Malerei.

Spielt Glaube oder Spiritualität eine Rolle in deiner Kunst? Wenn ja, wie
drückt sich das in deinen Bildern aus?

Die Frage ist in meinem Fall natürlich sehr leicht zu beantworten. Wenn man
ausschließlich „Glaubensbilder“ malt, die Instagram- und die Website so lauten,
wird klar, wo mein Fokus liegt. Ich male ausschließlich Bilder, die einen
christlichen oder zumindest spirituellen Hintergrund haben.
Für mich bzw. für meinen „Erfolg“ ist das schwierig, weil viele Menschen Glaube
mit Kirche verbinden und sofort abdrehen, wenn etwas Religiöses auf sie
zukommt. Auf der anderen Seite bin ich kein Künstler wie jeder andere. Ich bin in
einer Nische, aber in der eben doch irgendwie herausragend. Die Kunst sucht
Einzigartigkeit, sucht das Extravagante, das Seltene. Dazu passt dann auch
meine Maltechnik. Ich male mit wasservermalbaren Buntstiften und nur ganz
selten mit Acryl. Wie mein Mal-Thema hat auch meine Mal-Technik zwei Seiten.
Ich male, wie eben nicht viele malen. Eigentlich ein Pluspunkt für die Kunst, die
auch diesbezüglich nach dem „Besonderen“ Ausschau hält. Buntstift-Bilder sind
aber auf der anderen Seite von der Kunstwelt irgendwie vergessen worden. Ich
will der erste sein, der diese Maltechnik als anspruchsvolle Kunst verkörpert und
auf ein ganz neues Niveau hebt.

Admin - 09:16:28 @ Allgemein, ARTIST, EXHIBITION | Kommentar hinzufügen



 
 
 
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