2025-09-02
ArtDXpression: Wo Verletzlichkeit zur Stärke wird
„Wenn Farben zur Stimme werden“
Es beginnt an einer Wand – groß, frei, weit genug, um Zweifel abzuschütteln. Daniela steht davor, Pinsel in der Hand, und spürt zum ersten Mal seit Monaten, wie etwas in ihr zu atmen beginnt. Jede Schicht Farbe löst Stück für Stück die Schwere, jede Bewegung ihres Körpers wird zu einem leisen Aufbegehren gegen die Stille der Depression. In diesem Moment, an dieser Wand, durfte sie einfach sein. Ohne Druck. Ohne Wertung. Nur sie und die Farbe – und das Gefühl, dass Leben zurückkehrt.
Heute trägt sie diesen Moment in sich weiter, in jedem Bild, das sie schafft. Unter dem Namen ArtDXpression verwandelt Daniela ihre inneren Kämpfe in sichtbare Geschichten, die weit mehr sind als bloße Kunstwerke. Sie sind Spuren von Mut, von Verletzlichkeit und von der Hoffnung, dass auch in den dunkelsten Stunden ein Funken Licht zu finden ist.
Ihre Farben sind Ausdruck und Rettung zugleich: das tiefe Blau, das wie ein Versprechen von Weite und Freiheit wirkt; die bunten Explosionen, die zeigen, dass Leichtigkeit und Lebensfreude trotz allem möglich sind. Jedes Bild wird zu einem stillen Dialog mit sich selbst – und zu einer Einladung an andere, ebenfalls hinzuschauen, zu fühlen, sich wiederzufinden.
Wir danken Daniela für ihre Offenheit und den Mut, uns nicht nur ihre Kunst, sondern auch ihr Herz zu schenken.
Wenn du heute auf dein erstes Bild zurückblickst – was fühlst du, und welche Erinnerung ist untrennbar damit verbunden?
Mein erstes Bild erfüllt mich noch immer mit Stolz. Es entstand Schicht um Schicht an einer großen Wand an welcher ich mich erstmals richtig frei bewegen konnte beim Malen. Zuvor saß ich immer brav an engen Tischen und hatte keinen Spaß dabei, sondern eher den Druck etwas leisten zu müssen und abwertende Gedanken während des Prozesses. Doch an dieser Wand war ich erstmals frei von jeglichem Druck. Es geschah wie von selbst. Es kam Bewegung in meinen ganzen Körper und ich schüttelte für dieses eine Bild die ganzen Zweifel ab. Alles durfte in diesem Moment sein. Ich durfte sein. Als ich es dann mit etwas Abstand betrachtete, überwältigte es mich selbst. Monate voller Leere und Kälte in den Fängen meiner Depression waren in diesem einen Moment endlich mal weg.
Gab es einen ganz bestimmten Moment, an dem du wusstest: „Jetzt bin ich wirklich Künstlerin“?
Ich stand mit meinen Bildern auf einem Markt, bei dem ich ganz spontan noch einen Platz erhalten hatte. Und die Menschen kamen ganz selbstverständlich auf mich zu und unterhielten sich mit mir über ihre Sammlungen und ihre Leidenschaft für Kunst. Nahmen meine Visitenkarten mit. Nahmen sich Zeit die Bilder zu betrachten. Und dort entstanden auch Kontakte zu weiteren Künstlern in der Umgebung. In diesem Moment war mir klar - jetzt heute und hier, da ich mit meiner Kunst hier stehe, sie zeige und über sie spreche. Ihr einen Wert und Preis gebe. Jetzt bin ich Künstlerin.
Wie hat die Kunst dein Verhältnis zu dir selbst und zu deiner Vergangenheit verändert?
Die Kunst hat mich gelehrt, dass alles sein darf. Dass es keine Konventionen gibt in die man sich hineinquetschen muss. Dass es gut ist loszulassen und nicht immer alles perfekt sein muss. Sie gab mir ein Ventil für meine Gefühle und die Möglichkeit mich wieder mit meinem Körper zu verbinden, wenn mein Geist durch die Depression mal wieder leer ist und mein Körper sich taub anfühlt. Kunst gab mir die Möglichkeit ein Stück weit wieder Selbstvertrauen aufzubauen und hat etwas Selbstermächtigendes für mich. Denn die Depression nimmt mir so viel weg. Doch die Kunst ist für mich da. Sie ließ mich milder auf mich selbst blicken und schenkt mir für wenige Augenblicke Ruhe in Körper und Geist.
Was bedeutet der Name „ArtDXpression“ für dich persönlich, und wie spiegelt er deine Kunst und deinen Weg wider?
ArtDXpression steht zum einen für die Kunst des Ausdrucks der Depression. Aber der Name spielt auch auf meinen Vornamen Daniela an.
Für mich war von Anfang an klar, dass ich die Depression in der Kunst nicht verschweigen möchte. Sondern so anderen Betroffenen einen Weg zeigen möchte, wie vielleicht auch sie sich damit arrangieren können und ihnen ein Ventil aufzeigen. Ich möchte psychische Erkrankungen nicht unter den Teppich kehren, sondern zur Entstigmatisierung beitragen. Daher gehe ich ganz offen damit um. Niemand soll sich verstecken müssen. Depressionen sind facettenreich und haben viele Gesichter. Daher darf auch die Kunst vor Farben sprudeln. Und den Ausdruck in die Welt werfen, den einem die Depression persönlich verwehrt. Meine Kunst soll den Dialog über psychische Gesundheit eröffnen. Und sie hilft mir gleichzeitig zu mir zu stehen.
Welche Rolle spielen Farben für dich persönlich – sind sie nur Mittel zum Ausdruck oder haben sie eine tiefere Bedeutung in deiner künstlerischen Reise?
Farben erzeugen Stimmungen. Besonders die Farbe Blau in all ihren Facetten hat anfänglich sehr viel Einzug in meine Werke gefunden. In meinen dunkelsten Stunden gab sie mir Hoffnung und lies mich träumen. Von der unendlichen Weite des Meeres, von der Tiefe des Nachthimmels und dem Funkeln von Sternen. Ich stellte mir vor ich sei schwerelos, getragen von Wasser oder durch das All schwebend. All die Lasten hinter mir zurück lassend, für nur einen kurzen Moment. Pause von der Depression. Auch mit der Möglichkeit fern am Horizont, sie eines Tages doch ganz hinter mir lassen zu können.
An anderen Tagen, an denen die Depression mir etwas Luft zum Atmen lässt, wage ich es dann verrückt zu sein und die Freiheit in knallbunten Farben auf das Papier zu bringen. Ich werfe dann meine kurz gewonnene Leichtigkeit regelrecht aufs Papier und möchte den Funken Energie visualisieren.
Farben muss ich in dem Moment der Entstehung eines Bildes einfach fühlen.
Admin - 18:32:07 | Kommentar hinzufügen
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